MIT DER PREMIERE VON „AMSTERDAM“ UND EINEM SEHR BEWEGENDEN THEATERABEND AM 22. SEPTEMBER IM STUDIO DES KIELER SCHAUSPIELHAUSES STARTETE EINE REIHE VON GEGENWARTSSTÜCKEN, AUF DIE DAS PUBLIKUM IN KIEL IN DIESER SAISON GESPANNT SEIN DARF.
Aus einer offenen Gasrechnung aus dem Jahr 1944 entspinnt sich eine dramatische Geschichte, die ihre Wirkung bis in die Jetztzeit hat. Natürlich geht es um das Schicksal von holländischen Juden. In Amsterdam gab es eine große Widerstandsbewegung, aber, wie fast überall, noch mehr Kollaborateure und willige Mitläufer. Es geht aber auch um die Geschehnisse in einer Ehe holländischer Widerstandskämpfer, die das Paar angesichts persönlicher Verstrickungen in den Abgrund bringen. Der Versuch einer jungen jüdischen Pianistin, das Geheimnis der offenen Gasrechnung zu erforschen, führt wiederum ihr selbst die immer fortdauernde Belastung für die Nachfahren der Er- mordeten und Überlebenden der Shoah vor Augen, peinigt sie und lässt sie und den Zuschauer erkennen, dass es kein Entrinnen vor den schrecklichen Folgen des deutschen Zivilisationsbruches geben kann.
Das vielschichtige Gespinst dieses herausragenden Stückes erfordert ein äußert aufmerksames Spiel. Die immer wieder abbrechenden Dialoge, die heftigen Aktionen, das Zusammenführen der verwobenen Geschichten sind bei dem Kieler Ensemble bestens aufgehoben. Allen voran die wieder grandiose Kammerschauspielerin Almuth Schmidt, umringt von den beiden jungen und agilen Darstellern Jennifer Böhm und Rudi Hindenburg. Alle drei sind stimmig geführt von Regisseur Josua Rösing, der mit seinem Konzept und dessen Koordination, den Schauspieler*innen einiges abverlangt und die Zuschauer in Atem hält. Die Bühnenkonzeption, Licht und Musik in dem intimen Raum des Studios verhelfen der bedrängten Innen-Situation der zentralen Figur, der Pianistin, zum beredten Ausdruck im Äußeren.
Das Stück, das 2018 den Stückemarkt des Berliner Theater- treffens gewonnen hat, lässt einen so schnell nicht los, und das ist angesichts der in Brand geratenen Welt ein wichtiger Grund, diesen Abend unbedingt erleben zu müssen.
Regie Josua Rösing Ausstattung Michael Lindner Musik Thies Mynther Dramaturgie Lena Carle Darsteller*innen Jennifer Böhm, Rudi Hindenburg, Ksch. Almuth Schmidt
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