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AutorenbildJO.

Aquarium Kiel

Schleswig-Holstein ist schön. Umgeben von den Küsten der Nord- und Ostsee sind wir immer in unmittelbarer Nähe vielseitiger Lebensräume in und am Wasser. Wie es in den Tiefen der Ostsee aussieht, dass erschließt sich dem Besucher des Kieler Aquarium in den diversen, sehr anschauungsvollen Becken. Für kleine und große Wissensdurstige haben wir uns auf den Rundgang durch das Kieler Aquarium der Geomar begeben.



„Ziel ist es“, beschreibt Michael Gruber, Leiter des Aquariums Kiel, „den Besuchern vorrangig die einheimischen Tiere näherzubringen und nur wenig tropische Meeresbewohner zu zeigen. Außerdem geht es um Wissentransfer. Wie zum Beispiel auf den Tafeln über die Neozoen, die anlässlich einer Museeumsnacht hier anschaulich abgebildet und aufgrund des großes Interesses hier hängengelassen wurden." Michael Gruber zeigt uns die bebilderte Tafeln, mit den Tierarten, die in unserem Gebiet ursprünglich nicht heimisch waren und unter direkter oder indirekter Mithilfe des Menschen in unsere Meere gelangt sind und dort nun wild leben. Die Chinesische Wollhandkrabbe kam beispielsweise schon im 19. Jahrhundert zu uns. Für die Fischer ist dieser „Einwanderer“ eine Plage, denn diese Krabbe ist deutlich größer als die hier heimischen Artgenossen. Mit ihren scharfen Scheren zerstört sie Netze und Reusen und frist auch schon mal den Fang. Natürliche Feinde hat sie nicht. Doch das ändert sich. In der Region gibt es immer mehr Restaurants, die die ursprünglich im Chinesischen Meer beheimateten Wasserbewohner als Spezialität schätzen und sie buchstäblich zum Fressen gern haben.

Eine weitere Krabbenart kam durch die Kanalbauer aus den Niederlanden in die Ostsee. Wolfbarsch und Meeresche sind wohl auch wie andere Meereslebewesen aufgrund der Meereserwärmung und veränderten Strömungsbedingungen zu uns eingewandert. Der Klimawandel hat also auch den Artenwandel enorm beschleunigt. Andere kleinere Lebenwe- sen werden beispielsweise auch gern von anderen Fischen gefressen. Die Neozoen bringen also nicht nur Schaden sondern sind zum Teil auch eine Bereicherung beispielsweise in der Nahrungskette für heimische Meeresbewohner.


Die Entdeckungsreise startet mit dem ersten Becken, das den Lebensraum bis zu einem Meter fünfzig Wassertiefe präsentiert. Anschaulich wurde in das Wasserbecken ein kleiner Steg integriert. Hier wachsen die Seegraswiesen. Seegraswiesen bilden dichte Bestände in Küstennähe also im Niedrigwasser der Ostsee. Sie bringen etwas mit, das sie unter Wasser einzigartig macht. Sie blühen!


Doch wer jetzt meint, seiner Liebsten mit einem Strauß Seegras eine Freude zu machen, wird enttäuscht. Die Blüten sind winzig, grün und an der Unterseite der Blätter. Zudem duften sie nicht und blühen auch erst im Herbst, zu einer Zeit in der wir die Strandnähe wieder seltener aufsuchen als im Sommer. Seegraswiesen leisten damit aber einen wichtigen Beitrag für das Ökosystem. Denn Pro Quadratmeter werden jeden Tag bis zu 14 Liter Sauerstoff produziert und ein Vielfaches an Kohlendioxid gebunden. Sie sind somit die kleine Lunge des Meeres. Kleinste Fische und Meereslebewesen finden sich in einer derart nährstoffreichen Umgebung sehr wohl. Daher gelten die Seegraswiesen auch als die Kinderstuben der Meere.


Ein Becken weiter begeben wir uns in eine Wassertiefe von bis zu zirka vier Metern. Alles, was wir hier so in der Ostsee sonst noch finden, wurde zur Veranschaulichung in diesem Becken „dekoriert“ – ein Autoreifen ein paar Dosen, aber kein Metall an dem sich die Fische verletzen können und nichts, das sich im Wasser auflöst. „Das ist das, was der Mensch bewirkt, wenn er etwas ins Meer wirft. Es bleibt liegen.“, so Michael Gruber.


Das vierte Becken veranschaulicht das Leben in einer Wassertiefe bis zu 20 Metern. Die Ostsee ist ja nicht so tief wie die Nordsee. Wir sehen einen Heringsschwarm. Es ist immer wieder eindrucksvoll anzuschauen, wie der silbrige Schwarm seine Runden zieht.


Außerdem leben hier Plattfische, Seesterne und andere Fische. Heringe, so erfahren wir, sind äußerst schwer zu fangen. Wenn man sie beispielsweise mit einem Netz verletzt, verlieren sie ihre Schuppen, kriegen eine Entzündung und sterben. Daher sind die Fische nur mit Eimer oder Tüte zu fangen.


Mit dem Becken sechs begeben wir uns in die Nordsee. Hier finden wir eine Felsenlandschaft ähnlich wie vor Helgoland. Seeigel, Seesterne – unser Auge fällt auf ein riesiges Exemplar schätzungsweise mit 50 Zentimetern Durchmesser. Die hochgiftigen Petermännchen tummeln sich am sandigen Boden. Petermännchen haben Stacheln mit schmerzhaftem Gift, das mit dem des Rotfeuerfisches verwandt ist. Die toxischen Reaktionen, wenn ein Mensch gestochen wird, sind immer abhängig von der individuellen Anfälligkeit, aber auch an welcher Körperstelle und wie viel Gift in den Organis- mus eindringt. Sollten sie also auf diesen kleinen aber gefährlichen Burschen beim nächsten Baden stoßen, halten sich sie fern!


Im siebenten Becken entdecken wir eine tolle Flora, wie Blasentang und Zuckertang und prächtige Exemplare von Dorschen, Köhlern und Pollacks. Das sind übrigens die Fische, die gerade für die Produktion von Fischstäbchen herhalten müssen. Den Dorsch in dieser Größe wie hier im Becken gibt es in der freien See nahezu gar nicht mehr. Sein Fang wurde aktuell aufgrund seines nur noch sehr geringen Bestands von der Regierung limitiert bzw. verboten. Erstaunlicher können sich Fische, so auch der Dorsch, darauf einstellen. Sie entwickeln einen Zwergenwuchs und können dann auch schon bei geringer Größe vermehrungsfähig sein. Ein mächtiger Hummer bewohnt in einer großen Höhle ebenfalls dieses Becken.


Im Becken acht treffen wir die Bewohner des Mittelmeeres: Den meisten Menschen von der Karte eines Restaurants als Speisefisch bekannte Goldbrasse oder Dorade, auch die gestreifte Meeräsche, die mittlerweile über Frankreich und das Wattenmeer zu uns ge- kommen und auch schon in der Ostsee beheimatet ist. Zwischen Segelbooten im Hafen sind diese Fische schon zahlreicher zu sehen.


Mit Becken neun begeben wir uns in tropische Gewässer. Zwischen Korallen schaut uns eine Muräne an. Diese hier soll ein sehr zutrauliches, nettes Tier sein, erzählt uns Michael Gruber. Ganz das Gegenteil zu anderen ihrer Art. Denn Muränen gelten als recht aggressiv und können sehr böse beißen. Natürlich gibt es auch den Clownfisch, den alle Kinder als Nemo identifizieren.

Nicht alle Tiere sieht man auf den ersten Blick. Man muss sich schon auch Zeit nehmen alle Lebewesen in einem Becken zu entdecken.


Als letztes sehr großes präsentiert sich das Haifisch-Becken. Hier wohnen vornehmlich die Rochen und Katzenhaie. Katzenhaie liegen hauptsächlich am Grund des Meeres und machen keine großen Schwimmbewegungen. Weitere Hai-Arten werden im Aquarium Kiel nicht gehalten, weil es sehr schwierig ist, anderen Gattungen mit ausgeprägtem Jagdtrieb und großem Aktionsradius artgerechte Lebensbedingungen zu schaffen. Katzenhaie hingegen zählen zu den genügsameren und bequemeren ihrer Art, liegen am Boden, suchen nach Muscheln und anderem Essbaren, gehen aber nicht auf die Jagd.


Mehr Informationen zum Lebewesen Hai hat die Organisation Voice of Sharks auf großen Tafeln im Hintergrund dieses Beckens mit anschaulichen Bildern und informativen Texten illustriert. Voice for Sharks setzt sich seit der Gründung 2009 für den Schutz der Haie und den Schutz der Meere ein. Ihnen ist es wichtig,

dass der Hai aus dem Schatten des weitverbreiteten Bildes eines Monsters heraustritt und besser verstanden wird. Sie sagen: „Haie sind wunderbare Lebewesen, welche faszinieren, polarisieren doch leider auch noch in der heutigen Zeit verrufen und missverstanden sind.“ Deshalb ist ihr Anliegen, mit Mythen und Fakten über die Haie und das Meer zu informieren und auf Missstände aufmerk- sam zu machen.


Die ebenfalls in diesem Becken lebenden Rochen begeistern durch ihre gleitenden Schwimmbewegungen und faszinieren so, als würden sie durch das Wasser fliegen. Die verspielten Tiere hier im Aquarium Kiel sind groß und wahrlich prächtige Exemplare. Sie sind bis zu 20 Jahre alt. Uns amüsiert ihre fast menschlich anmu- tende Unterseite des Körpers. Hier befindet sich ihr „Gesicht“, und sie scheinen uns anzulächeln, wenn sie die Scheibe des Beckens hinaufgleiten.


Schön anzuschauen sind auch die Quallenbecken. Eine relativ neue Quallen-Art, die Rippenqualle, beeindruckt durch ihr schillerndes Dahinschweben. Winzige Härchen nehmen die Nahrung auf und lassen wie Mini-LED-Kettchen im Körper dieser Lebewesen aufsteigen. Das Becken nebenan ist gerade leer. Hier lebten Exemplare der uns wohl bekanntesten Art, die Ohrenquallen. Aber ihre Lebensdauer ist nur kurz, nur eine Saison, dann lösen sie sich auf.


Wir wollen aber auch einen Eindruck von der Arbeit hinter den Kulissen des Aquariums gewinnen. Denn von der Hinterseite jedes Beckens, das die Besucher*innen bestaunen, wird für das optimale Milieu der Bewohner gesorgt. Hier entdecken wir auch die Auf- zuchtbecken mit Laich und den gerade geschlüpften Nachwuchs. Die Kleinen müssen noch etwas wachsen, bevor sie in die „Welt der Erwachsenen“ gelassen werden.


Nicht zu vergessen und nicht zu übersehen ist natürlich das Freibecken mit der freund- lichen Gruppe von Seehunden. Besondere Aufmerksamkeit bekommen die Tiere bei ihren täglichen Fütterungen, wo sie auch mal das eine oder andere kleine Kunststück zeigen. Die Seehunde können 24 Stunden am Tag über als auch unter Wasser beob- achtet werden.


Auch hier informieren Schautafeln über die Lebensweise dieser Tiere.


15 Schaubecken mit 500 bis 14.000 Litern sind an verschiedene Kreislaufsysteme für die Wasseraufbereitung angeschlossen. Allein im Nordsee- bzw. Ostseekreislauf zirkulieren insgesamt 30.000 bzw. 50.000 Liter Seewasser mit Temperaturen zwischen 10 und 15o C und Salzgehalten zwischen 1,3 bzw. 3,6 Prozent. Im Tropen- bzw. Mittelmeerkreislauf werden 7.000 und 12.000 Liter Wasser vorgehalten. Die tropischen Organismen werden bei 25 bis 27o C Wassertemperatur und einem Salzgehalt zwischen 3,0 und 3,5 Prozent gehalten. Die Wasserqualität wird regelmäßig im Labor kontrolliert.


Das alles bedeutet viel Technik und menschliche Arbeitskraft, um die Wasserqualität, die bestmögliche Versorgung durch Nahrung aber auch die Sauberkeit an den Scheiben und in den zahlreichen Becken zu gewährleisten. Und das schafft das Team um Michael Gruber, Leiter des Kieler Aquarium der Geomar, mit viel Freude und Engagement bei der Arbeit – für und mit Meereslebewesen.


Aquarium Geomar Düsternbrooker Weg 20 • 24105 Kiel Tel.: 0431 – 6001637 www.aquarium-geomar.de

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