Von frischem Gründergeist, echter Macher-Mentalität und dem Wunsch nach Freiheit.
Leif Erik Boysen (30) und Carl-Felix Lentz (31) sind zwei junge Männer, die exemplarisch für einen neuen Typ von Unternehmensgründern stehen. Für sie bedeutet Freiheit, sich zu verwirklichen und ihr eigenes Firmenkonzept selbst zu leben.
Aus ihrer Vision haben die Handwerker und Design-Liebhaber nun Wirklichkeit werden lassen, die mit der Gründung ihres Unternehmens noordsk.studio Ende des Jahres besiegelt wird. Die Gründer werden Tiny Houses (winzig kleine Häuser) entwerfen, bauen, vermieten und verkaufen – an jeden, der sich wie sie nicht zwischen Stadt- und Landleben entscheiden möchte. Der erste, noch verschlafene Blick fällt auf die Raps- und Getreidefelder des Landwirtes, auf dessen Grund man die Nacht verbracht hat. Die morgendliche Julisonne sucht sich noch zögerlich ihren Weg durch das satte Grün des Blätterdachs und aus Richtung der Zivilisation hört man höchstens Milchlaster und Trecker vorbeifahren.
Für dieses Ferienparadies zelten, auf fließendes Wasser verzichten und womöglich weit fahren zu müssen? Das muss dank Leif und Carl-Felix von noordsk.studio niemand, der kein waschechter Camper ist. Die beiden Wahl-Kieler schaffen mit ihren Tiny Houses nämlich den Spagat zwischen der unberührten Natur und den Vorzügen der Zivilisation. Ihre zwar kleinen, aber voll ausgestatteten und äußerst ästhetisch eingerichteten Häuser werden an abgeschiedenen Orten zwischen Ostsee und Schlei stehen, die noch Geheimtipps in Sachen ländlichem Idyll sind, fernab der bereits bekannten Tourismus-Hotspots Schleswig-Holsteins – und zwar vollkommen autark oder „off the grid“, wie die Gründer selbst sagen.
„Kleine Häuser - Große Freiheit“ Da die Mini-Häuser auf Trailer gebaut sind, lassen sie sich mit erstaunlich wenig Aufwand dorthin versetzen, wo es am schönsten ist. Diese Lieblingsplätze muss man übrigens nicht zwingend selbst kennen, denn die Jungs von noordsk.studio vermieten sie inklusive Stellplatz – interessanterweise auf den Ländereien kooperationsbereiter Landwirte. Die Bauern, deren Grundbesitz nun einmal ihr stärkstes Kapital ist, erschaffen sich somit neben ihrem ersten Standbein, der Landwirtschaft, eine weitere Einnahmequelle. Diese Verknüpfung mit regionalen Höfen ist für alle Parteien risikofrei und profitabel. Für die Region ist es obendrein ein Gewinn, denn Städter suchen das, was Landwirte in Hülle und Fülle haben: Platz, und zwar in der Natur. noordsk.studio bringt beide zusammen.
„Kompromissloser Komfort - auch auf einer Grundfläche von 18 m²“ Die Tiny Houses von noordsk.studio sind der Beweis. Auf einer Gesamtwonfläche von nur 21,5 m² haben Design und Funktionalität gleichrangige Priorität. Wie in einem „ausgewachsenen“ Haus kann der Bewohner alle Vorzüge der Zivilisation genießen: Auf zwei Ebenen verteilt, gibt es einen Schlaf-, Wohn-, Küchen- und Badezimmerbereich. Wer bei letzterem an eine dunkle Nasszelle denkt, liegt falsch. Leif und Carl-Felix sind nämlich mit allen Wassern gewaschen und haben ein richtiges, durch eine Tür abtrennbares Bad erschaffen, das nicht nur durch sein minimalistisches Design und die hochwertigen Materialien besticht, sondern auch noch nachhaltig und ressourcenschonend ist. Die Dusche, ausgestattet mit einem Regenduschkopf, bedient sich des “Shower Loop“ Kreislauf-Prinzips. Dank der Erfindung eines schwedischen, ressourcenbewussten Herstellers kann man mit einem Lächeln im Gesicht eine halbe Stunde lang warm duschen – und das nur mit einem 10-Liter-Wassertank! Das Wasser läuft hierbei in Echtzeit durch einen Filter und ermöglicht ein Duschvergnügen wie zuhause. Und auch die Toilette funktioniert wie im Eigenheim ohne Chemie. Bei dieser Trenntoilette werden Feststoffe von Flüssigkeiten getrennt, der Wochenendmieter muss sich nicht um die Leerung des Tanks kümmern. Und auch im Küchenbereich, der nahtlos in den Wohnraum übergeht, kann wie zuhause gekocht und gespült werden. Die beiden Kochfelder werden wie der Durchlauferhitzer mit Gas betrieben. Alle verbauten Armaturen kommen von namhaften Herstellern aus Europa.
„Regionalität und Authentizität“ Und wenn man durch eines der zahlreichen Fenster den Ausblick in die Natur genießt (besonders das riesige Panoramafenster oder das Velux-Fenster überm Bett bieten ein reizvolles Bild der Umgebung), dann ist man drinnen unabhängig von der Witterung draußen. Man heizt mit einem skandinavischen Kaminofen oder über eine Infrarotheizung. Die Außenwände sind mit Osteegras gedämmt. Der Innenraum lebt von dem Charme des ausschließlich mit Hartwachsöl behandelten Fichtenholzes, das aus nordeuropäischen Wäldern stammt. Man spürt, das Regionalbewusstsein von noordsk.studio ist eine der oberen Prämissen (‚noordsk‘ ist übrigens ostfriesisches Platt für ‚nordisch‘). Und so ist es kein Wunder, dass die Jungunternehmer beim Bau ihrer Häuser auf ein Netz von unterschiedlichen Gewerken aus der Region zurückgreifen. Und so steht auch ihre Werkstatt auf dem Anwesen eines Gutsherrn, der von der Geschäftsidee begeistert ist und ihnen unterstützend Arbeits- und Wohnfläche zur Verfügung stellt. Gelebt und gearbeitet wird also genau dort, wo die fertigen Häuser eines Tages bewohnt werden – inmitten der schleswig-holsteinischen Idylle.
„Design ist quasi unser Spleen!“ Und genau dieses konsequente Denken und Handeln macht die beiden jungen Gründer Leif und Carl-Felix so authentisch. Leif ist Tischlergeselle, studiert auch Pädagogik und Politikwissenschaften und kommt ursprünglich auf Flensburg, hat aber seine Wahlheimat in Kiel gefunden. So geht es mittlerweile auch Felix, der von sich sagt, mit 12 Jahren eher unfreiwillig von seinen Eltern von Berlin nach Schleswig umgesiedelt worden zu sein. Als Tischlermeister und Holztechniker hat er lange in Norwegen gearbeitet, nun aber hier seine Basis gefunden. Aktuell studiert er Skandinavistik und Empirische Sprachwissenschaft. Was die beiden jungen Männer eint, ist nicht nur ihre schon seit zehn Jahren bestehende, enge Freundschaft und ihr handwerklicher Beruf, sondern vor allem ihr Faible für Design. In der Gestaltung ihrer minimalistischen und zugleich atmosphärischen Häuser können sie sich zu gleichen Teilen kreativ ausleben. „Wir spielen mit den Gegensätzen und bauen Häuser mit extrem urbaner Einrichtung, die in nahezu unberührter Natur stehen sollen“, fasst Carl-Felix zusammen.
„Norddeutscher Gründergeist und echte Macher-Mentalität“ Kaum zu glauben, dass es erst im September 2017 war, dass sie auf einer gemeinsamen Europa-Rundreise im Camper-Van die Idee hatten noordsk.studio zu gründen. Auf dem gesamten Road-Trip gab es kaum ein anderes Gesprächsthema. Zuhause hat sie der Gedanke nicht losgelassen. Im Mai 2018 haben sie das Gründerstipendium des Landes Schleswig-Holstein ergattern können und profitieren von der Unterstützung ihrer Freunde, Bekannten und Familien. Auch namhafte Sponsoren aus der Baubranche konnten sie schon für ihre Idee gewinnen.
Momentan bauen die Jungunternehmer bis zum Herbstende ihren Prototyp, doch schon im nächsten Jahr sollen weitere Raumsparwunder das kleine Werk verlassen. Bereits mehrere private potentielle Käufer haben Interesse bekundet. Die Grundlage ihres Erfolgs mag nicht zuletzt in ihren norddeutschen Charakteren liegen. Leif und Carl-Felix sind bescheiden, wollen lieber organisch wachsen, als sich zu übernehmen. Als echte Handwerker sind sie bodenständig, und zudem mutig und kreativ, wie Gründer naturgemäß sein sollten. Sie verstehen sich als Teil der Region, in der sie leben, und geben den Blick frei für ihre Schönheit.
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