Kulinarisches nordeutscher Art
Draußen auf einer Holzbank sitzen, den Wind in der Nase und Möwen beobachten, die kreischend um eine Krume Brot streiten. Ein schönes Essen, dazu ein Glas Wein genießen, „Pötte kieken“, und dann die Sonne über der Förde und dem Nord-Ostee-Kanal untergehen sehen. Mit dem Schatz oder jemanden, der auf gleicher Wellenlänge ist und Augenblicke genießen kann – ganz ohne großes Brimborium. Das sind für Alexander Stieler besondere Glücksmomente, die er immer wieder erleben möchte. Am liebsten täglich.
Der 45-jährige betreibt seit 2009 das Schiffercafé in dem Gebäude des ehemaligen Schiffausrüsters Tiessen und späteren Namensgeber der ursprünglich aufgeschütteten Mole. Ernst Hintzmann gründete schon 2007 das Schiffercafé, nachdem er 25 Jahre zur See gefahren war. In Argentinien lernte er den Tango kennen und brachte den Tanz mit an die Kieler Förde. Bis heute wird seitdem jeden Sonntag von 16 bis 19 Uhr im Schiffercafé Tango getanzt. Im Jahr 2016 wurde Alexander Stieler das Nachbargebäude angeboten. Er zögerte nicht lange und baute es in ein Restaurant um – die heutige Kombüse.
Die Gäste Stielers lieben die urige und gemütliche Atmosphäre seiner Lokale. Die alten Kontorhäuser, in denen sich das Schiffercafé und die Kombüse befinden, stehen unter Denkmalschutz. Das meterhohe dunkelgrüne Wandregal mit den vielen Schubladen im Schiffercafé stammt noch aus dem alten Laden des Schiffsausrüsters. An der Decke hängen Fischernetze, Taue und Petroleumlampen und verbreiten authentisches maritimes Flair. „Nordisch lecker“, lautet – passend dazu – das gastronomische Konzept des ehemaligen Hausverwalters, der sich dazu während eines Urlaubs in Dänemark inspirieren ließ. Er besuchte eine kleine Hafenstadt in der Nähe von Kopenhagen und entdeckte die Vielzahl von Fischbuden an der Promenade – daneben nur wenige Souvenirläden und Hot-Dog-Stände. „Das sah eng und gemütlich aus“, erinnert sich der Kieler, „und dann sah ich eine Familie, die an einem einfachen Holztisch saß und ihre Krabben in die Soße dippten.“ Dies sei für ihn ein besonderer „Glücksmoment“ gewesen, und er habe schon damals die Idee gehabt, in Kiel eine Fischbude zu eröffnen – nach dänischer Art, versteht sich.
Die Erinnerung daran habe ihn nicht mehr losgelassen, bis er das Schiffercafé übernahm und den Job des Immobilienverwalters auch schon bald an den Nagel hing. Das Schiffercafé war eigentlich nie nur ein Café, sondern immer schon eher ein Bistro. Kurz gesagt: Es gab nicht nur Kaffee und Kuchen, sondern auch herzhafte Gerichte, zum Beispiel Fisch- und Krabbenbrötchen. In der Kombüse kommen nun Fischliebhaber in jeder Hinsicht auf ihre Kosten. In beiden Lokalen werden saisonale und regionale Produkte frisch zubereitet. Ein Blick auf die Speisenkarte der Kombüse: Als „besünnere Grööt vun de Fischer (Ein besonderer Gruß der Fischer)“ kommt zum Beispiel „Hausgemachter Backfisch“, „Holtenauer Pannfisch“ und „Zanderfilet aus dem Ofen“ auf die Teller. Auch gibt’s hier die im Wasser der Kieler Förde gezüchteten Garnelen und ökologisch zertifizierten Muscheln der Kieler Meeresfarm. „Dit und dat“ sind typisch norddeutsche Gerichte wie „Sauerfleisch Holsteiner Art“ und „Labskaus“, die, so Stieler, „auf keiner norddeutschen Speisekarte fehlen dürfen.“ Ein leckerer Nachtisch, also „Wat för Achteran“ rundet mit „Holtenauer Tiramisu“ oder mit „So ´ne Grütze“ die kulinarische Reise ab.
Einen besonderen Stellenwert hat für den Quereinsteiger-Gastronom der Matjes. In der Kieler Förde – und ersatzweise auch vor Norwegen – gefangener Hering wird nach eigenem (geheimen) Rezept selbst in Fässern eingelegt, bis er als „Holtenauer Kräutermatjes nordische Art“ die Gaumen der Gäste erfreut. „Manche kommen auch nur vorbei, um sich etwas mit nach Hause zu nehmen“, sagt Alexander Stieler und lacht: „Das ist für uns kein Problem, Hauptsache der Kunde hat eine Tuppererdose dabei.“
Am liebsten sitzen Stielers Gäste draußen an den Tischen und lassen die Hafenstimmung auf sich wirken. Nur ein paar Schritte entfernt liegen Traditionssegler an der Pier, die von dort aus ihre Segeltörns in die Ostsee starten. Schiffe passieren die Schleuse des Nord-Ostsee-Kanals und an der Einmündung zum Kanal, auf einer kleinen Anhöhe, dient seit 1895 der Holtenauer Leuchtturm (der oft als einer der schönsten Deutschlands bezeichnet wird) den Schiffen als zuverlässige Orientierung in der Dunkelheit. Aber es gibt noch mehr zu entdecken: Besonders im April ziehen große Heringsschwärme in die flachen Bereiche der Kieler Förde und in den Nord-Ostsee-Kanal, um dort zu laichen. Dann stehen die Hobbyangler in langen Reihen dicht gedrängt am Ende des Tiessenkais und ziehen die begehrten Speisefische eimerweise aus der Ostsee.
Kein Wunder, dass auch die Mitarbeiter Stielers die besondere Lage und Atmosphäre der beiden Lokale zu schätzen wissen. Nicole Buddemeyer ist die „rechte Hand für die Organisation“ und vor allem für das Veranstaltungsmanagement zuständig. Die beiden sind ein gutes Team.“ Nicole habe sich damals mit den Worten: „Ich möchte mal wieder lachen“ bei ihm vorgestellt. „Das fand ich so sympathisch, da habe ich mich gleich für sie entschieden.“
So wie es aussieht, hat Alexander Stieler also alles richtig gemacht. Er hat seinen Traum von einer „dänischen Fischbude“ auf „Kieler Art“ umgesetzt und findet dort jeden Tag „Glücksmomente“ – und seine Mitarbeiter und Gäste tun es auch.
Schiffer-Cafe • Tiessenkai 9 •
24159 Kiel-Holtenau • Tel. 0431 – 9089676 •
www.schiffercafe-kiel.de
Kombüse • Tiesenkai 10 •
24159 Kiel-Holtenau • Tel. 0431 – 9089173 •
www.kombuese-kiel.de
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