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Arne Bruns: Die Regelung des Erbes betreffend gibt es in Patchworkfamilien häufig besondere Interessenlagen. Nachfolgend werden einige davon dargestellt, die in der Praxis häufig anzutreffen sind. Mit Patchworkfamilien sind dabei sowohl Ehepaare als auch nichteheliche Lebensgemeinschaften gemeint, in denen mindestens ein Partner bereits ein oder mehrere nicht gemeinsame Kinder in die Beziehung mitbringt.
Der „fremde“ Elternteil soll das Erbe nicht verwalten
Für den Fall, dass ein Partner stirbt und dessen minderjähriges Kind mit außerpartnerschaftlichem Elternteil zum Erben wird, ist häufig unerwünscht, dass dieser das Erbe für das Kind verwalten könnte. Dem wird meistauf zwei Wegen begegnet: Zum einen kann die elterliche Sorge des anderen Elternteils in einem Testament insoweit beschränkt werden, dass die Verwaltung des Nachlasses davon ausgeschlossen ist. Zum anderen wird häufig eine Testamentsvollstreckung durch einen ausgewählten Testamentsvollstrecker angeordnet, der das Erbe mindestens solange verwaltet, bis das betreffende Kind volljährig ist.
Verhindern, dass der Ex-Partner „ums Eck“ erbt
Sollte ein erbendes Kind späterhin vor dem außerpartnerschaftlichen Elternteil sterben, könnte dieser aber wiederum dessen Erbe sein. Wenn das Kind zum Todeszeitpunkt selbst keine Abkömmlinge hat, hätte der verbleibende Elternteil nämlich ein gesetzliches Erbrecht und ein Pflichtteilsrecht. Im Nachlass des Kindes befindet sich möglicherweise aber auch noch der Nachlass aus dem Tod des anderen Elternteils, der dann – sozusagen ums Eck – dem erbenden Elternteil zufiele. Um dies zu verhindern, wird teilweise eine sogenannte Vor- und Nacherbschaft angeordnet, bei der das Kind nur als Vorerbe eingesetzt wird. Als Nacherbe wird eine oder mehrere andere Person (-en) bestimmt. Stirbt der Vorerbe, geht der Nachlass aus dem Vorerbe nicht auf dessen Erben über, sondern auf den oder die bestimmten Nacherben. Es kann auch festgelegt werden, dass die Anordnung der Vor- und Nacherbschaft bei Eintreten bestimmter Umstände entfällt und der Vorerbe zum Vollerben wird, zum Beispiel sobald der Vorerbe eigene Kinder hat, die zu seinen Erben würden, oder aber der andere Elternteil vor dem Kind verstirbt.
Nur gemeinsame Kinder sollen erben
In manchen Fällen setzen sich Partner in einer Patchworkfamilie zwar gegenseitig als Erben ein, möchten aber nicht, dass die nicht gemeinsamen Kinder des zuletzt Verstorbenen mit dessen Nachlass auch den darin enthaltenen Nachlass des zuerst Verstorbenen erben. Stattdessen soll dieser zum Beispiel nur an etwaige gemeinsame Kinder gehen.
Auch hier könnte eine Vor- und Nacherbschaft angeordnet werden: Der zuletzt Versterbende wird nur zum Vorerben bestimmt und es erfolgt eine Nacherbenanordnung. Stirbt der letzte der beiden Partner, fällt das Vorerbe somit nicht in seinen Nachlass. Dies kann auch vorteilhaft sein, wenn nach dem Tod des Letztverstorbenen möglicherweise Pflichtteilsansprüche zu befürchten sind, da der Nachlass aus dem Vorerbe für deren Berechnung nicht herangezo- gen würde.
Nicht verheiratete Paare können einen Erbvertragschließen
Nur Eheleute können ein gemeinsames Testament errichten. Möchte ein nicht verheiratetes Paar eine gemeinsame, wechselbezüglich verpflichtende Erbregelung, kann es einen Erbvertrag schließen. Für einen solchen ist indes die notarielle Beurkundung zwingend vorgeschrieben. Ob die Partner verheiratet sind oder nicht, kann aber großen Einfluss auf etwaig zu berücksichtigende Pflichtteilsquoten haben sowie natürlich darauf, inwieweit steuerliche Freibeträge für eine Erbschaft greifen und wie diese gegebenenfalls zu versteuern wäre.
Im Einzelfall können die Motive und Interessen natürlich deutlich vielfältiger sein als hier dargestellt. Es empfiehlt sich in jedem Falle eine rechtzeitige Beschäftigung mit dem Thema sowie eine fundierte Beratung.
Autorenporträt: Arne Bruns (46) ist Rechtsanwalt und Notar mit Sitz in Kiel sowie Fachanwalt für Familienrecht. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt im Zivilrecht, neben dem Familienrecht insbesondere im Bereich des Wirtschaftsrechts. Herr Bruns vertritt die Interessen seiner Mandanten umfassend sowohl im gerichtlichen Prozess als auch in der außergerichtlichen Auseinandersetzung und bei der Vertragsgestaltung. Er ist Mitglied der Schleswig-Holsteinischen Rechtsanwaltskammer und der Schleswig-Holsteinischen Notarkammer.
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