Wie ein Foodfotograf sein eigenes Indie-Magazin gründete
Die Situation, nach dem Auspacken des Einkaufs festzustellen, dass es doch mehr geworden ist, als man eigentlich wollte, kennen wir wahrscheinlich alle. Beim Gang durch den Supermarkt wandern diverse Produkte in unseren Einkaufskorb, weil sie uns irgendwie angelacht haben. Aber wie passiert das?
In gewisser Weise ist Calle Hackenberg Schuld. Zumindest in Teilen, denn die Chancen, dass er Sie schon zu einem Kauf verleitet hat oder zumindest unmittelbar daran beteiligt war, stehen ganz gut. Natürlich spielen auch die Preisgestaltung, die angewandte Einkaufspsychologie, clevere Raumaufteilung und Beleuchtung in Supermärkten eine Rolle – aber Calle Hackenberg macht Produkte attraktiv. Denn als Foodfotograf kreiert er die Bilder, die auf Verpackungen von Lebensmitteln zu sehen sind. Und wie er zugibt, soll dabei nicht nur das Produkt gezeigt werden, das Motiv soll zudem möglichst einen Kaufimpuls bei uns auslösen.
Wir haben mit Calle Hackenberg über seine Arbeit gesprochen – und über sein neues Projekt: ein eigenes Indie-Foodmagazin, taste appeal–, aus dem Sie auf den folgenden Seiten ausgewählte Rezepte finden.
Seit nunmehr neun Jahren gibt es das Studio Hackenberg in Kiel. Hier produziert Calle mit seinem Team Werbefotografie, Kampagnenmotive, Rezeptfotos sowie Rezeptvideos bis hin zu TV-Spots, immer mit dem Schwerpunkt Food. „In den vergangenen Jahren haben wir so ziemlich alles durchgespielt, was man in unserer Branche so tun kann“, sagt Studioinhaber Calle. „Von Zeitungsseiten füllenden Werbekampagnen für Emmentaler Switzerland über TV-Spots für vegane Käsehersteller, die bei Pro7. Sat1 ausgestrahlt wurden, internationale Digitalkampagnen für Milka bis hin zu Hunderten Verpackungen, die Ihnen täglich im Regal im Supermarkt vor die Augen treten.“ Damit könnte man zufrieden sein und sich auf die Schulter klopfen. ... Oder man könnte auf die Idee kommen, ein eigenes Foodmagazin herauszugeben, welches alle seine Rezepte online gratis veröffentlicht, keine Werbung beinhaltet und etwa vier mal im Jahr in gedruckter Form in einem großen Zeitungsformat erscheint. „Klingt ein wenig irre, nicht wahr?“, entgegnet Calle als wir ihn auf sein neues Projekt ansprechen. „Lassen Sie es mich so sagen: Ich habe ein kleines Faible für verrückte Ideen und diese liebte ich direkt besonders doll.“
Als Calle und sein Team mal wieder neue Verpackungsfotos für einen Kunden produzierten, entstand beim Durchblättern eines Rezeptmagazins eine Idee: „Was wäre, wenn wir diese ganzen nervigen Anzeigen streichen und nur die Lebensmittel und Rezepte durch die Fotos wirken lassen? Alles raus, was es nicht braucht. Selbst den Rezepttext und die Zutaten. Und was wäre, wenn wir ein großes Format nehmen – wie eine Zeitung – das jeder mit Seriosität und Qualität verbindet und in diesem Fotos von Rezepten veröffentlichen? Vollkommen frei von jeglichen werblichen Zwängen oder Kundenwünschen.“ So beschreibt Calle die Vision hinter seinem eigenen Foodmagazin taste appeal–. Es sollte pur, minimalistisch und komplett den Foodfotografien und Gerichten gewidmet sein. Selbst die Rezepttexte entfernten er und sein Team und ersetzten sie durch QR-Codes. Nur ein Titel und das Foto zeigen dem Betrachter, worauf er sich einlässt.
Und wer gehört zum Team hinter dem Magazin? „Allein zu wuppen ist das nicht“ – wie Calle sagt. Zum einen ist das Pia Flechtner, freie Propstylistin, die für das Zusammenspiel der Teller, Messer, Gläser und weiterer Objekte im Set zuständig ist und diese Requisiten immer im Voraus zusammensucht. Zum anderen ist das Lukas Baseda, freier Foodstylist und Rezeptentwickler.
Lukas ist nicht nur gelernter Koch und hat in verschiedenen privaten Kochschulen als Trainer gearbeitet, von ihm stammen auch die meisten taste appeal– Rezepte und das Foodkonzept. Zudem hat initial Christin Großmann, eine Typografie-Studentin und Grafikbegeisterte mit Calle zusammen das Layout und die Grafik für taste appeal– entwickelt.
Das Team traf sich und kochte, stylte die Sets und fotografierte die Rezepte, layoutete und ließ die erste Zeitung drucken. „Der eigentliche Plan war es“, so erzählt Calle, „mit diesem Magazin ein paar Neukunden für unsere reguläre Arbeit als Werbestudio zu akquirieren. Also lief ich mit dem Heft unter dem Arm zu verschiedenen Kunden und zeigte unser kleines großes Zeitungsmagazin.“ Parallel startete das Team den dazugehörigen Instagram Kanal @tasteappeal_, auf dem man viele Einblicke hinter die Produktion, die neuesten Rezepte und auch Videos bekommt.
„Im Mai 2021 fing das Ganze an zu laufen, bevor es Beine hatte“, erinnert sich Calle. „Wir erhielten innerhalb weniger Tage direkt Nachfragen nach Abonnements, an welchen Kiosk wir zu kaufen seien und Beschwerden darüber, das wir keinen Onlineshop hatten.“ Kurzum – Menschen wollten dieses Magazin kaufen, erkannten Calle und sein Team. Offenbar gab es Interesse an ihrer Idee, welche ein bewusster Gegenentwurf zu klassischen Foodmagazinen war. Also setzten sie einen Onlineshop für taste appeal– auf, um das Magazin für jeden verfügbar zu machen. „Hin und wieder verteilen wir aber immer noch gute Mengen des Magazins gratis“, sagt Calle. „Wieso? Weil es uns nicht ums Geld geht, sondern ums Essen. Und um unsere Passion Bilder zu zeigen, die Menschen Genuss näher bringen.“
Seit dem ersten Heft im Mai 2021 hat das Team mittlerweile zehn Ausgaben herausgegeben mit Titelthemen wie „Sommernacht“, „Querbeet“, „Käseblatt“ oder „Miteinander“. Das Herzensprojekt blüht und gedeiht. Für die Social Media Arbeit hat das Team mittlerweile zusätzliche Unterstützung durch die neue Mitarbeiterin Lina Ziegler erhalten. Anfang Februar 2023 erschien die 10. Ausgabe mit dem Titel „Mosaik“, welche sich mit dem kulinarischen Schwerpunkt Mezze auseinandersetzt. Viele kleine bunte und würzige Vorspeisen, die gerne in der israelischen und orientalischen Küche mit Freunden und der Familie geteilt werden.
Calle und das taste appeal– Team haben Ihnen hier drei ihrer Lieblingsrezepte aus den vergangenen Ausgaben mitgebracht. Ausnahmsweise sogar eins mit Rezepttext. Die anderen zwei können Sie über die QR-Codes auf den Bildern abrufen.
Buchweizen-Pfannenbrot mit schwarzer Knoblauchbutter und Kräutern
Vorbereitungszeit: 25 min
Zubereitungszeit: 15 min
2 Pfannenbrote
Buchweizenbrot
150 g Buchweizenmehl
2 TL Salz
400 ml Wasser
40 ml Olivenöl
1 große rote Zwiebel
1 Bund Salbei
1⁄2 Bund Petersilie, kraus
1⁄2 TL Meersalzflocken
1 TL Blütenpfeffer
Knoblauchbutter
150 g weiche Butter
4 Zehen schwarzer Knoblauch (alternativ normaler Knoblauch)
Mehl und Salz vermischen. Sorgfältig mit dem Wasser vermischen und 15 Minuten quellen lassen. In der Zwischenzeit die Zwiebel pellen und in feine Scheiben schneiden. Salbei und Petersilie waschen, mit Küchenpapier trocken tupfen und die Petersilie klein hacken.
Den Ofen mitsamt einer ofenfesten Pfanne auf 250 Grad, Ober-/Unterhitze (230 Grad Umluft) vorheizen. Olivenöl in den Teig einrühren. Einen Topfen Öl in der Pfanne verteilen, dann die Hälfte des Teiges in die vorgeheizte Pfanne geben, mit Zwiebeln, Salbei und Petersilie belegen. Für 12-15 Minuten im Ofen backen, heraus nehmen und mit Meersalzflocken und Blütenpfeffer würzen. Mit dem übrigen Teig ebenso verfahren.
Während der Garzeit die Knoblauchbutter herstellen. Butter in eine kleine Schüssel geben. Knoblauch pellen, klein schneiden und mit der Butter verrühren. Nach belieben noch Salz hinzugeben.
Die warmen Pfannenbrote mit der Knoblauchbutter servieren.
Wir wünschen viel Spaß beim Nachkochen und guten Appetit!
Sie finden taste appeal– bei Instagram unter @tasteappeal_
oder unter www.taste-appeal.com
Comments