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AutorenbildJO.

Turteln statt Tindern​

Aktualisiert: 19. Jan. 2019




Es wird Frühling. Und nach mehr als acht Monaten des Single-Daseins habe ich beschlossen nicht mehr allein sein zu wollen. Und wie bei so vielen „Leidensgenossen“ stellt sich nun auch mir die Frage: „Wo lerne ich jemanden kennen? Jemanden, der wirklich zu mir passt.“ In der Disco, bei einer dieser unsäglichen Ü...-Veranstaltungen, wo ich auf diese Menschen treffe, die schon vor 20 oder 30 Jahren auf der Suche waren und sich nach wie vor herumtreiben bzw. hier herumstehen. Und heute sind sie noch weniger anziehend als damals, beinahe vergleichbar mit altem, ausgedientem Mobiliar, das man schon längst hätte gegen attraktiveres austauschen sollen. Ok, ich bin auch nicht mehr so knackig wie damals, habe mich aber deutlich besser gehalten, als die ewigen Nachtschwärmer und Kneipengänger - das meine ich zumindest.

Und wie so viele „Leidensgenossen“ begebe ich mich schließlich auf eine der

zahlreichen Internetseiten. Ich lege mir ein Profil an und ergänze es um meine Wünsche und Vorstellungen, wie denn der zukünftige Mensch an meiner Seite zu sein hat. Humorvoll soll er sein, über sich selbst soll er lachen können. Sportlich, kulturell interessiert und offen auch neuen Dingen gegenüber (d.h. nicht sexuell, denn ich gehöre zu der konservativen Sorte Mensch, bei denen Experimente erst nach einer gewissen Dauer einer Beziehung überhaupt in Frage kommen).

Und es dauert nicht lange, da werden mir auch schon potentielle „Passer“ angeboten, Menschen, die kompatibel sein könnten. Und wie geht’s weiter? Man schreibt sich hin und her und schon kommen die ersten Fragen auf. Gelesen hört sich alles ganz nett an, aber wie klingt das gesprochene Wort, wie die Stimme des Gegenübers? Und auch das bereits auf dem Foto bekannte Gesicht. Wie sieht es in Wirklichkeit aus? Es ist bekannt, dass die Momentaufnahmen auf eben diesen handelsüblichen Plattformen häufig eine von der Realität deutlich abweichende Erscheinung abbilden.

Es kommt also zum ersten Date und man ist aufgeregt, als wäre es das erste überhaupt. Was ziehe ich an? Wo trifft man sich? Über was wollen wir reden? In dieser so schweren Situation meines Lebens treffe ich auf eine gute, alte Bekannte. Sie erinnert mich an all die populären Regeln – Grundsätze im Kennenlern-Knigge – längst gelernt, aber auch immer wieder vergessen. Tun Sie sich und dem Anderen einen riesigen Gefallen! Hören Sie auf Ihre Mutter, die damals schon gesagt hat: “Steig’ nicht mit dem bzw. der Erstbesten in die Kiste!“ Das geht zumindest in den meisten Fällen - im wahrsten Sinne des Wortes - in die Hose.

Seien Sie Sie selbst, keine Schauspielerei und keine erdachten Stories, um Eindruck zu schinden. Das Sprichwort mit den „kleinen Lügen...“ holt einen schneller ein, als man denkt. Putzen Sie sich heraus. Ja, das sollte das Date schon wert sein. Aber verkleiden Sie sich nicht. Sie werden sich nämlich in Ihrer inszenierten Haut garantiert nicht wohl fühlen. Und seien Sie auf gar keinen Fall ausschließlich damit beschäftigt, dem Anderen gefallen zu wollen. Vergessen Sie nicht, um wen es hier geht – nämlich um Sie. Und es geht auch nicht darum, einen Fan für sich zu gewinnen, sondern darum, dass Sie endlich den Richtigen finden wollen.

Gehen Sie raus, gehen Sie spazieren und schauen Sie, wie sich der Andere bewegt, wie er spricht. Ein Mensch, dessen Gang, dessen Gesten, Mimik und vor allem dessen Stimme einem nicht gefällt, der wird kurzfristig wieder ausrangiert. Wir werden uns nicht daran gewöhnen. Nein, und das wissen wir alle. Gehen Sie essen und hoffen Sie darauf, dass der „Passer“ im Restaurant selbstbewusst oder vielleicht sogar originell rüberkommt, eine gute Flasche Wein auswählt und bestenfalls seine Fränzösichkenntnisse so überraschend gut sind, dass er seine Bestellung tatsächlich korrekt auszusprechen weiß. Treffen Sie auf keinen Fall denjenigen ein zweites Mal,

der darauf wartet, was Sie zu essen aus der Karte wählen, um dann, wenn der Blick

des Kellners auf ihn fällt, mit einem „Ich nehme das Gleiche!“ reagiert. Laaangweilig - es sei denn Sie warten auf den Ja-Sager Ihres Lebens. Und gehen Sie Tanzen. Hier kommt man sich näher, ohne gleich Sex zu haben und man erfährt recht bald, ob man den Partner in spe gern riechen, fühlen und anfassen mag. Außerdem spürt man sehr schnell, ob bewegungstechnisch eine gewisse Kompatibilität vorhanden ist. Denn Sie wissen, was man über gute Tanzpartner sagt? Nein? Menschen, die gern tanzen, haben häufig (nicht alle!) ein besseres Körperbewusstsein. Und gerade im gemeinsamen Tanzen, erfährt man schnell, wie gut man in gemeinsamen Bewegungen harmoniert. Also lassen Sie das Tindern und turteln Sie lieber – der Frühling ist da und die Gefühle haben Ausgang! Raus mit Ihnen! «


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Johanna Pede

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