"Ich will mein Haus bereits jetzt in gute Hände weitergeben. Kann ich trotzdem dort wohnen bleiben?“
Arne Bruns: Vor allem einige ältere Haus- und Wohnungseigentümer fragen sich, wie sie ihre Immobilie am besten an die eigenen Kinder, Verwandte oder ausgewählte Dritte weitergeben können. Möchten diese die Immobilie einfach nur verkaufen, sind in der Regel keine Besonderheiten zu beachten, die sich von sonstigen Immobilienverkäufen unterscheiden. Planen die bisherigen Eigentümer indes beispielsweise, nach einem Verkauf weiterhin dort zu wohnen und/oder die Immobilie unentgeltlich zu übertragen, sind insoweit speziellere Regelungen erforderlich.
Immobilie weiterhin bewohnen oder sogar vermieten
Wenn Sie Ihre Immobilie bereits in naher Zukunft verkaufen möchten, aber beispielsweise bis ans Lebensende oder bis zu einem etwaigen Umzug in ein Pflegeheim dort wohnen bleiben wollen, können Sie sich beim Verkauf ein sogenanntes Wohnungsrecht vorbehalten, das ins Grundbuch eingetragen wird. Dies würde Ihnen das Recht einräumen, entweder das gesamte Wohnobjekt oder gegebenenfalls bestimmte Teile unter Ausschluss des Eigentümers zu bewohnen. Ein solches Wohnungsrecht wird natürlich den Kaufpreis mindern. Ein noch weiter gehendes Recht wäre die Vereinbarung eines Nießbrauchs: Damit können Sie die Immobilie nicht nur bewohnen, sondern auch wirtschaftlich nutzen, zum Beispiel durch Vermietung.
Bei einer Übertragung an die Absicherung denken
Möchten Sie die Immobilie ohne Zahlung eines Kaufpreises übertragen, geschieht dies mit einem Übertragungsvertrag. Auch dort können Sie beispielsweise ein Wohnungsrecht vereinbaren. Da Sie als Überlasser für die Übertragung aber keine Gegenleistung erhalten, ist es empfehlenswert, sich zusätzlich abzusichern. Dies ist mit einem Rückübertragungsrecht möglich, falls der Übernehmer das Haus oder die Wohnung ohne Ihre Zustimmung verkauft, in Insolvenz gerät oder Ähnliches. Ebenso kann vereinbart werden, dass das Rückübertragungsrecht greift, wenn der Übernehmer vor Ihnen verstirbt oder die übertragene Immobilie Teil einer güterrechtlichen Auseinandersetzung zwischen dem Übernehmer und seinem Ehegatten wird. Dies könnte zum Beispiel bei einem Scheidungsverfahren passieren. Der Rückübertragungsanspruch sollte immer mit einer Rückauflassungsvormerkung im Grundbuch abgesichert werden.
Übertragung als Lösung zum „Enterben“?
Die Übertragung einer Immobilie ohne Gegenleistung ist im Regelfall eine Schenkung. Das heißt, dass auch insoweit die steuerliche Wirkung beachtet werden muss. Hierbei ist auch der Wert eines etwaigen Wohnungs- oder Nießbrauchsrechts zu berücksichtigen.
Es kommt zudem auch vor, dass Immobilien übertragen werden, um spätere Pflichtteilsansprüche geringzuhalten. Hier ist aber Vorsicht geboten! Falls sich der Überlasserein Nießbrauchs- oder Wohnungsrecht vorbehält, wird die Zehnjahresfrist für die Berücksichtigung von Schenkungen in der Pflichtteilsergänzung meist nicht in Lauf gesetzt; auch eine lange zurückliegende Übertragung würde dann bei der Berechnung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen wertmäßig voll angesetzt.
Immobilie vererben – oder vermachen?
Sie können Ihre Immobilie natürlich auch vererben – entweder an die gesetzlichen Erben oder im Falle einer letztwilligen Verfügung an die von Ihnen ausgewählten Erben. Hierbei sollten Sie aber bedenken, dass eine Erbengemeinschaft entsteht, wenn es mehrere Erben gibt. Diese müssen sich anschließend über die Verteilung des Nachlasses einigen, was häufig zu einem Verkauf der Immobilie führt. Möchten Sie gerade die Immobilie nur einer oder mehreren bestimmten Personen zukommen lassen, können Sie ein entsprechendes Vermächtnis vorsehen. Das Vermächtnis verleiht dem Vermächtnisnehmer einen Anspruch gegenüber den Erben, die das Vermächtnis erfüllen müssen. Sprechen Sie das Vermächtnis zugunsten eines Erben aus, ist gemeinhin von einem Vorausvermächtnis die Rede. Auch bei einem solchen Vorgehen gilt es aber, etwaige Pflichtteilsansprüche zu bedenken.
Autorenporträt:
Arne Bruns (46) ist Rechtsanwalt und Notar mit Sitz in Kiel sowie Fachanwalt für Familienrecht. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt im Zivilrecht, neben dem Familienrecht insbesondere im Bereich des Wirtschaftsrechts. Herr Bruns vertritt die Interessen seiner Mandanten umfassend sowohl im gerichtlichen Prozess als auch in der außergerichtlichen Auseinandersetzung und bei der Vertragsgestaltung. Er ist Mitglied der Schleswig-Holsteinischen Rechtsanwaltskammer und der Schleswig-Holsteinischen Notarkammer.
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